Im Oktober waren wir in Bethlehem und Beit Sahour, wo die Kunsthandwerker*innen unserer Handelspartner Holyland Handicraft Cooperative Society und Bethlehem Fair Trade Association kunstvolle Krippen, Baumanhänger und Deko-Accessoires aus heimischem Olivenholz fertigen.
Die Rohstoffwahl: Olivenholz aus der Region
Olivenbäume findet man in Palästina vor allem im Süden, aber auch in Bethlehems Gärten sieht man die knorrigen Bäume wachsen. Dieses Jahr ist ein gutes Erntejahr. Alle zwei Jahre tragen die Bäume besonders viele Oliven, die eingelegt oder zu Öl verarbeitet werden. Nach der Ernte müssen die Bäume gestutzt werden, damit an den neuen Trieben wieder viele Früchte wachsen können. Die abgeschnittenen Äste müssen zwei Jahre lang trocknen, bevor aus ihnen kleine und größere Kunststücke entstehen können. Die besondere Maserung des Olivenholzes und die aufwändige Handarbeit des Schnitzens und Polierens machen die Produkte zu einzigartigen Unikaten.
Allerdings haben sich in der Corona-Pandemie die Kosten für das Holz verdoppelt. Während der Lockdowns wurden viele Bäume nicht wie üblich gestutzt und die Kunsthandwerker*innen haben wegen Werkstattschließungen viel weniger Holz auf Vorrat gekauft. Das schlägt sich jetzt auf die Preise nieder und es ist schwierig, an qualitativ gutes Olivenholz zu kommen.
Die Kunsthandwerker*innen aus Beit Sahour
Seit Generationen arbeiten vor allem christliche Kunsthandwerker*innen in Beit Sahour mit Olivenholz. Die kleine Stadt grenzt direkt an Bethlehem. Figuren, Krippen, Dekoartikel und auch Küchenutensilien aus Olivenholz werden seit Jahrzehnten vor allem in den Souvenirshops in Bethlehem und Jerusalem verkauft. Seitdem 2002 die Mauer zwischen Bethlehem und Jerusalem gebaut wurde, können die Künstler*innen ihre Produkte nicht mehr direkt in Jerusalem auf den Märkten und an die Geschäfte verkaufen. Dadurch ist der Export immer wichtiger geworden. Während der Pandemie mussten aber sehr viele Werkstätten schließen. Sie hatten keine Aufträge, es kamen keine Touristen. Für die Kunsthandwerker*innen unserer Handelspartner war die Situation glücklicherweise etwas einfacher. Im Fairen Handel sind uns langfristige Partnerschaften wichtig, wir unterstützen uns vor allem in Krisensituationen. So konnten Aufträge erhalten bleiben und unsere Partner konnten den Künstler*innen Arbeit und Einkommen verschaffen. Dennoch haben viele Künstler*innen aus Beit Sahour in dieser Zeit nach einem sichereren Job gesucht und sind seitdem meist in Israel im Baugewerbe tätig. Der viel höhere Verdienst lässt sie dort bleiben.
Das Kunsthandwerk in Beit Sahour lebt dennoch weiter. Die meisten Werkstätten sind Familienbetriebe. Hier arbeiten zwei oder drei Generationen zusammen. Da es in Palästina keine Rente gibt, treffen wir auch viele ältere Künstler*innen. Die jungen profitieren davon. Sie lernen das Handwerk und die Kniffe von den Expert*innen und tragen mit ihrem Wissen der digitalen Welt selbst Neues in die Werkstätten.
Eine neue Generation von Künstler*innen
Die Brüder Faris (25, links) und Elias (27, rechts) Gharib lernten bereits früh die kunstvolle Schnitzarbeit von ihrem Vater, der die Holzwerkstatt gegründet hat. Doch fest arbeiten wollten sie nie in diesem Beruf. Nachdem ihr Vater im letzten Jahr tragischerweise an einer Corona-Infektion verstarb, beschlossen die Brüder, das Kunsthandwerk fortzuführen und ihren Job in einem Restaurant zu kündigen. Seitdem sind sie ein eingespieltes und motiviertes Team. Sie sind echte Macher und kreative Köpfe: Mit ihren unzähligen Ideen für neue Produktmuster, oft inspiriert durch ihre Recherche im Internet, zeigen sie ihre Einzigartigkeit und behaupten sich gegenüber alteingesessenen Kunstwerkstätten.
Faris und Elias stellen kleine Krippen und viele verschiedene Baum- und Dekoanhänger her. Sie entwickeln Stempel mit den Motiven, die sie dann auf dünne Holzplatten drucken. Nach dem groben Zuschnitt kleben sie mit Heißkleber zwei Holzplättchen zusammen, so sparen sie beim Zusägen Zeit und der Kleber lässt sich danach wieder leicht entfernen. Mit geübter Hand werden die filigranen Motive mit dem feinen Sägeblatt einer elektrischen Sägemaschine zugesägt. Hier sitzt jede Bewegung. Für besonders filigrane Muster besitzen Faris und Elias auch eine Lasermaschine. Mit der Unterstützung durch den Fairen Handel konnten in der Werkstatt bereits neue Fenster eingebaut, das Dach repariert und Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt werden.
„Wir möchten uns weiterentwickeln und unsere Arbeit als Künstler vorantreiben. Erst waren wir uns nicht sicher, ob wir diese Arbeit wirklich machen möchten. Doch nun möchten wir das Erbe unseres Vaters weiterführen und stecken unsere ganze Energie in die Verbesserung von Arbeitsprozessen und die Entwicklung von neuen Designs,“ erzählt uns Elias Gharib bei unserem Besuch. Seine und weitere weihnachtliche Olivenholzprodukte findet Ihr in unserem Online Shop.