Last Forest Enterprise hat seinen Sitz im Herzen der Nilgiri-Berge, der „grünen Lunge“ im Süden Indiens. Seit Jahrhunderten sammeln sogenannte Honigjäger dort Honig von wilden Bienen. Jedes Jahr zwischen April und Juli begeben sich die geübten Kletterer in die Honigfelsen und Bäume, in denen die Bienen nisten, und ernten den Honig auf traditionelle nachhaltige Weise. Seit 2010 ist Last Forest Marktvermittler für Honig und Bienenwachsprodukte. Das Wachs war ursprünglich ein Abfallprodukt, doch nun stellen Frauen in über 150 Dörfern daraus hochwertige Seifen, Lippenbalsam und Wachstücher her. Rund 1.600 Produzent*innen vertreiben ihre Waren über Last Forest, darunter auch Gewürze, Süßigkeiten und Kaffee. Das WFTO-Mitglied betreibt eigene lokale Geschäfte und exportiert einige seiner Produkte, unter anderem nach Deutschland. So kann Last Forest den Frauen eine Einkommensmöglichkeit direkt vor der eigenen Haustür bieten.

Doch der Klimawandel ist auch in dem scheinbar so intakten Waldgebiet zu spüren. Besonders in der Landwirtschaft und bei den sensiblen Bienenvölkern schlagen sich klimatische Veränderungen sofort nieder. Früher konnte der Honig von März bis Juni geerntet werden, mit maximalem Ertrag. Eine zweite Erntesaison lief von September bis Dezember. Jetzt finden die Honigjäger nur noch in der Hauptsaison Honig, und dann deutlich weniger. Klare Vorhersagen zur Ernte können nicht mehr getroffen werden, wodurch die Beschäftigungssicherheit in der Weiterverarbeitung gefährdet ist. Auch der Honig selbst ist anfälliger geworden. Durch unerwartete Kälte und Feuchtigkeit kristallisiert er schneller aus. Um dem entgegenzuwirken, muss Last Forest in die Infrastruktur investieren. Die Menschen in der Gegend, die durch die veränderten Klimabedingungen ihre Lebensgrundlage in der Landwirtschaft zu verlieren drohen, leiden sowohl körperlich als auch psychisch unter der Ernährungsunsicherheit. Hinzu kommen vermehrte Zerstörungen durch wilde Tiere wie Elefanten, die auf der Suche nach Wasser und Nahrung aus dem Wald auf die Felder kommen. Da ihre traditionelle Lebensgrundlage keine Sicherheit mehr bietet, verlassen viele Landwirt*innen ihre Dörfer. Mit der Ausweitung des eigenen Produktsortiments versucht Last Forest, auf den Klimawandel zu reagieren. So kann das Unternehmen Ausfälle von einzelnen Produkten besser ausgleichen und den Menschen in den Nilgiris weiterhin Arbeitsplätze bieten.
Isabel Tadmiri von Last Forest bringt es auf den Punkt: „Es ist eine Tatsache, dass die Dinge aufgrund des Klimawandels schwieriger geworden sind, und die Hauptlast trifft insbesondere marginalisierte Produzent*innen. Es ist nicht die Schuld der Landwirt*innen, dass sich die Ernteerträge verändert haben, aber sie müssen die materielle Last der Klimaveränderungen tragen, wenn Verbraucher*innen nicht bereit sind, diese Kosten zu übernehmen. Die Herausforderung besteht also darin, zu verstehen, wie wir den Fairen Handel wirklich als eine Form und Praxis der Klimaresilienz nutzen können, indem wir an der Seite der Erzeuger*innen stehen, faire Preise für nachhaltige Produkte zahlen und gemeinsam Stärke aufbauen.“
